Abenteuer
DIY-Camper

Den Plan, zum Arbeiten und Fotografieren jederzeit spotan mit einem Van unterwegs sein zu können, hatte ich ja schon lange. Versuch #1 mit einem Fiat238, Baujahr 1973, ist an technischem Wissen und fehlendem Mut so legendär wie kläglich gescheitert. Das wunderschöne Auto steht sich leider auf’m Hof kaputt.

Versuch #2 startete vergleichbar unüberlegt :: Spontankauf am Straßenrand. Messen und Planen kann man ja später auch noch. Und außer einem Kurzpraktikum in einer Tischlerei habe ich keine nennenswerte Erfahrung in der Holzbearbeitung.

Los geht’s …

Planung

Handwerk

Abenteuer

PLAN

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Skizze

Opel Vivaro
Baujahr 06/2022
60.000 km
2 (8) Sitze
2 Schiebetüren
Schwarz

Blick durch die offene Hecktür

“Erstaunlich zwar, aber oft reicht schon ein Gedanke aus, um einen leeren Kopf zu füllen.”

Martin Gerhard Reisenberg

RÜCKBLENDE

Der Winter 2024/25 war lang, düster und nass. Mein Vater starb Ende November und schlagartig wurden Begriffe wie Alter und Vergänglichkeit von der oft zitierten Floskel zum Ist-Zustand. Gedanken kamen auf, ob man seine Lebenszeit so nutzt, dass man wirklich erfüllt lebt und am Ende zufrieden geht.

Als Kind sah ich meinem Vater oft, wie er im Keller an seiner Werkbank stand. Er schnitzte grob stilisierte Tierfiguren aus rotem Mahagoni und schwarzem Ebenholz, mein erstes Spielzeug, oder baute einen Schachtisch aus Intarsien. Ich habe das bewundert, erwähnenswert aktiv dabei war ich irgendwie nie.

Aber seit damals liebe ich den Geruch von frisch gesägtem Holz sowie die Vorstellung der Arbeit damit – und je mehr mich meine alltägliche kreative Tätigkeit in die digitale Welt zog, umso stärker wurde der Wunsch, Dinge nicht nur mit dem Kopf, sondern endlich auch (wieder) mit meinen Händen zu schaffen.

So fragte ich 2017 einen meiner Kunden, ob ich ein paar Tage bei ihm in der Tischlerei verbringen könne. Ich hätte da einen alten Schachtisch, der in den letzten 50 Jahren sehr gelitten hat und den ich gerne restaurieren möchte. Drei Tage später war der Tisch wie neu und ich angefixt. Dennoch ging der alte Trott erstmal weiter.

Aber nun steht hier Vatterns alte Werkbank mit all ihren Erinnerungen und wartet auf neue Projekte …

Ich habe also tausend Gedanken im Kopf, einen leeren Transporter vor der Tür und bald darauf auch eine grobe Idee auf Papier. Eine direkte Umsetzung ohne jegliches Maßband wäre dann aber doch des Abenteuers zuviel … also begann eine Phase des Messens, Rechnens, Zeichnens, Nachmessens und Überdenkens. Am Ende gab es einen grundsätzlichen Plan und einigermaßen verlässliche Maße.

Der Plan

Skizze I
Skizze II
Multiplexplatte Birke, Kirsche Antik gebeizt

MATERIALIEN

Die Wahl der Materialien spielte für mich eine zentrale Rolle im Design des Ausbaus. Die Multiplexplatten aus Birkenholz, gebeizt in Kirsche Antik, verleihen dem Innenraum eine warme, einladende Atmosphäre. Die Oberflächen-Behandlung mit Wachs arbeitet die Maserung nochmals besser heraus. Der dunkelbraune Cordstoff, der für Wandverkleidungen und Kissen verwendet wurde, sowie Decken aus (Kunst)Fell setzten zusätzliche stilvolle Akzente – das Gesamtbild wirkt beinahe wie eine edle 70er-Jahre Lodge.

Cord
Fell
zugesägte Bretter

AUFGABENSTELLUNG ZUM START

 

Bringen Sie diese 31 Bretter in eine räumlich sinnvolle Anordnung.

zugesägte Bretter
unbehandelte Holzkisten

Die Multiplexplatten habe ich mir bequemerweise zuschneiden lassen – vielen Dank an dieser Stelle an die Nordic Panel GmbH aus Stade für die wirklich maßgenaue Arbeit! Auch der Bau von eigenen Holzkisten wäre viel zu zeitaufwendig gewesen, aber sowas gibt es ja fertig im Baumarkt – anstelle der ursprünglich geplanten Euroboxen. 

Die Tat

Test- und Basisaufbau

Beize und Wachs

Finaler Aufbau

Spezifikationen

INDIVIDUELLE PLANUNG

Trotz Messebesuchen und viel Recherche habe ich unter den verfügbaren Campermodulen keine Variante gefunden, die zu meinen Vorstellungen passte. Daher entschloss ich mich, den Ausbau komplett selbst zu konzipieren und umzusetzen – einerseits deutlich geringere Kosten im Vergleich zum Kauf eines fertigen Ausbaus, andererseits viel Arbeit, Frust und unerwartet große Glücksgefühle!

MODULBAUWEISE

Die Basis des Ausbaus bilden zwei Kastenmodule mit integrierten Schwerlastauszügen. Diese ermöglichen einen einfachen Zugriff auf kistenweise Stauraum und den Kocher. Eine Seite enthält zusätzlich eine ausziehbare Arbeitsfläche. Zwei weitere Module werden vorn an den Kästen fixiert und erweitern zusätzlich zur Aufbewahrung  von Wasserkanistern und Kühlbox, den Sitzbereich deutlich.

ARBEITEN & SCHLAFEN

Mein Laptop passt locker auf den 75 x 44 cm großen Tisch. Dieser lässt sich im Handumdrehen heraus nehmen und dient flach ausgelegt als Unterlage für den Schlafbereich. Die Futon-Liegefläche hat bequeme 120 x 200 cm und durch den mit Klappen abgedeckten seitlichen Radkasten-Stauraum kommen sogar noch einmal 35 cm Breite hinzu. Selbst bei aufgebautem Tisch verbleibt so eine Liegefläche von ca 155 x  100 cm.

EINFACHE DEMONTAGE

Der gesamte Ausbau ist an vier  Punkten mit Zurrgurten fixiert und kann mit wenigen Handgriffen entfernt werden, was mir zu jeder Zeit maximale Flexibilität für die Nutzung als Transporter oder 8-Sitzer-Bus bietet. Alternativ gibt es die Option, durch das Entfernen lediglich eines Moduls den Einbau eines dritten Autositzes, bei zwei Modulen sogar einer kompletten 3er-Sitzbank, zu ermöglichen.

TECHNIK

Hier halte ich es vorläufig einfach: Sollte es wirklich kalt werden, gibt’s Wolldecke und Wärmflasche.
Gekocht wird mit einem 1-Flammen-Gaskocher mit Butan-Kartuschen.
Strom liefert eine DJI Power 500 Powerstation mit 512 Wh. Solar-Upgrade folgt.
Passive Kühlung durch Dometic Cool Ice 22. Darüber wie lange hiermit die Butter fest bleibt, wird in Kürze berichtet.

Blick durch die Hecktür
Blick durch die Schiebetür
Schere auf Cordstoff
Nähmaschine

Und dann ist es noch ganz wichtig, dass die Kissen zur Tapete passen.

Kissen vor Wand

Abschliessende Erkenntnisse

  • Miss IMMER zweimal – und wenn du zweimal gemessen hast, höre NIEMALS auf die Stimmen in Deinem Kopf. Nein, Du brauchst KEINE 2 mm “Puffer”!
  • Es macht Sinn, zwei Akkuschrauber zu besitzen. Zumindest wenn man nicht STÄNDIG den Aufsatz wechseln will. Drei wären auch nicht schlecht.
  • Lade Akkus IMMER direkt auf – auch wenn Du zwei davon hast.
  • Man bestellt IMMER zu wenig Farbe und Wachs.
  • Nach dem Beizen wird nochmal fein geschliffen, ein zweites mal gebeizt und ERST DANN gewachst – NICHT VOR dem Schleifen.
  • Vom vielen Arbeiten in gebückter Haltung bekommt man Rückenschmerzen. Notiz an mich: weniger Schreibtisch, mehr bewegen.
  • Verrückt, was man an nur drei verlängerten Wochenenden schaffen kann.
  • Etwas Handwerkliches zu schaffen macht glücklich!
Probeaufbau mit Tarp
Tasse ichbindraussen
mobiles Arbeiten
mj ::: ichbindraussen
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